Irrtümer auf der Autobahn

Neue gesetzliche Regelungen und besondere Gefahren auf der Autobahn?

Auf Schweiz­er Auto­bah­nen sind Staus und häu­fig schwere Unfälle in der heuti­gen Zeit lei­der zur Tage­sor­d­nung gewor­den. Die aller­meis­ten Unfälle geschehen auf­grund Mis­sach­tung der Verkehrsregeln und auch viele Staus entste­hen erst dadurch, wenn sich ein Verkehrsteil­nehmer falsch ver­hält. Im Fol­gen­den wer­den häu­fige Irrtümer auf Schweiz­er Auto­bah­nen, wie auch geset­zliche Neuerun­gen wie der Reissver­schlussverkehr und die Ret­tungs­gasse genauer erläutert.

Autobahneinfahrt — Vortritt und Geschwindigkeit

Autobahn, Fahrschule, Fahrstunden

Schon ganz zu Beginn der Auto­bah­n­fahrt entste­hen immer wieder größere Schwierigkeit­en und Missver­ständ­nisse, sei dies aus über­durch­schnit­tlich­er Vor­sicht oder gar zu großem Respekt vor der Auto­bahn oder aber durch Unwis­senheit der Vortrittsregelung.

Häu­fig ist zu beobacht­en, dass Fahrzeu­glenker auf dem Beschle­u­ni­gungsstreifen zu wenig Gas geben oder sich um die anderen Fahrzeuge, die sich bere­its auf der Auto­bahn befind­en, zu spät küm­mern und beim Wech­sel auf den recht­en Fahrstreifen fast keine Lücke mehr find­en. Man stelle sich vor, ein Fahrzeug in der Ein­fahrt mit 45 km/h und auf der Auto­bahn fahren die anderen Fahrzeuge mit 120 km/h vor­bei. Bei dichterem Verkehr ist so ein Unfall vor­pro­gram­miert.
Daher heißt die Spur der Auto­bah­ne­in­fahrt nicht um son­st „Beschle­u­ni­gungsstreifen“. Das eigene Fahrzeug soll dem­nach auf die Geschwindigkeit gebracht wer­den, um mit dem Verkehr auf der Auto­bahn mithal­ten zu können.

Eben­so wiegen sich viele Fahrzeu­glenker in falsch­er Sicher­heit, dass die Fahrzeuge auf der Auto­bahn automa­tisch auf die linke Spur wech­seln müssen, sobald sich ein Fahrzeug in der Ein­fahrt befind­et. Darauf darf man sich nicht ver­lassen, da die Fahrzeuge, welche sich bere­its auf der Auto­bahn befind­en, vor­tritts­berechtigt sind. Für Fahrzeu­glenker, die sich in der Ein­fahrt befind­en heißt das, frühzeit­ig eine aus­re­ichend große Lücke suchen und die Geschwindigkeit dementsprechend anpassen.

Rechtsfahrgebot

Art. 35, Abs. 1 SVG:
Es ist rechts zu kreuzen, links zu überholen.

Art. 8, Abs. 1 VRV:
Auf Strassen mit mehreren Fahrstreifen in gle­ich­er Rich­tung ist der äußer­ste Streifen rechts zu benützen. Dies gilt nicht beim Über­holen, Ein­spuren, Fahren in par­al­le­len Kolon­nen sowie Innerorts.

Das heißt also nichts anderes, als dass auf den Auto­bah­nen immer auf der recht­en Spur gefahren und auf der linken Spur über­holt wer­den sollte. Nicht umson­st heißt die linke Spur auch „Über­hol­spur“. Wer sich nicht an das Rechts­fahrge­bot auf der Auto­bahn hält, wird gemäß Bussenkat­a­log Punkt 314.1. mit ein­er Busse von Fr. 60.- bestraft.

Ein notorisch­er Links­fahrer auf der Auto­bahn kann den Verkehr mas­siv stören, da das Recht­süber­holen nach­wievor ver­boten ist (siehe näch­sten Abschnitt). Außer­dem ist es für nach­fol­gende Fahrzeuge auch nicht erlaubt den fehler­haften Fahrzeugführer durch Drän­geln, Lichthupe oder Handze­ichen dazu zu bewe­gen, den Fahrstreifen zu wech­seln. Das einzige was du also tun kannst: Abstand hal­ten, warten bis die Über­hol­spur wieder freigegeben wird und die eige­nen Ner­ven schonen.

Auch bei Auto­bah­nen mit 3 Fahrstreifen in gle­ich­er Rich­tung muss immer die rechte Spur benützt wer­den. Viele Fahrzeu­glenker haben dabei das Gefühl, dass die rechte Spur den Last­wa­gen vor­be­hal­ten ist und fahren stets auf der mit­tleren Spur. Ein Gedanke, der eben­falls falsch ist und gegen das Rechts­fahrge­bot verstößt.

Art. 36, Abs. 6 VRV:
Auf Auto­bah­nen mit min­destens drei Fahrstreifen in der gle­ichen Rich­tung darf der äußer­ste Streifen links nur von Motor­fahrzeu­gen benützt wer­den, die eine Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h erre­ichen dürfen.

(Dieser Artikel wurde im Jan­u­ar 2016 in Kraft gesetzt.)

Rechtsüberholen vs. Rechtsvorbeifahren

Bun­des­gericht­sentscheid – BGE 115 IV 244, 126 IV 192
Der Begriff Über­holen liegt vor, wenn ein schnelleres Fahrzeug ein in gle­ich­er Rich­tung langsamer fahren­des ein­holt, an ihm vor­beifährt und vor ihm die Fahrt fort­set­zt.
Ein Beschle­u­ni­gen, Auss­chwenken und Wiedere­in­biegen ist dabei nicht zwangsläu­fig erforder­lich. Auch ein bloßes Vor­beifahren an einem fahren­den Fahrzeug fällt unter den Begriff des Überholens.

Recht­süber­holen auf der Auto­bahn ist mit ein paar weni­gen Aus­nah­men immer verboten.

Art. 36, Abs. 5 VRV – Son­der­regeln für Auto­bah­nen und Autostraßen:
Der Fahrzeugführer darf nur in fol­gen­den Fällen rechts an anderen Fahrzeu­gen vorbeifahren:

» beim Fahren in par­al­le­len Kolon­nen;
» auf Ein­spurstreck­en, sofern für die einzel­nen Fahrstreifen unter­schiedliche Fahrziele sig­nal­isiert sind;
» auf dem Beschle­u­ni­gungsstreifen von Ein­fahrten bis zum Ende der Dop­pellinien-Markierung;
» auf dem Verzögerungsstreifen von Ausfahrten

Weit ver­bre­it­ete Unsicher­heit bezüglich des Recht­süber­holens treten haupt­säch­lich beim ersten genan­nten Punkt – beim Fahren in par­al­le­len Kolon­nen – auf.
Die Frage stellt sich: ab wann herrscht Kolon­nen­verkehr? Das Bun­des­gericht schnürt diesen Begriff rel­a­tiv eng. Kolon­nen­verkehr wird auch dann verneint, wenn die Abstände der Fahrzeuge auf der recht­en Spur rund dop­pelt so groß sind wie auf der Über­hol­spur. Gemäß der Recht­sprechung set­zt par­al­lel­er Kolon­nen­verkehr dicht­en Verkehr auf bei­den Fahrspuren, somit ein län­geres Nebeneinan­der­fahren von mehreren sich in gle­ich­er Rich­tung bewe­gen­den Fahrzeu­gen voraus. Jedoch ist in der Recht­sprechung nir­gends der Begriff „dichter Verkehr“ genauer definiert.

Tipp: Wenn du dir in ein­er Sit­u­a­tion bezüglich des Recht­süber­holens im Kolon­nen­verkehr unsich­er bist, lass es lieber sein. Denn Recht­süber­holen wird mit schw­eren Strafen geah­n­det, sowohl mit hohen Geld­strafen als auch mit Führerausweisentzug (im schlimm­sten Fall mit Frei­heit­sentzug bis zu 3 Jahren), da das Recht­süber­holen gemäß Art. 90, Abs. 2 SVG eine grobe Verkehrsver­let­zung darstellt.

Neue Regelung ab 2021 — Rechts vorbeifahren

Auf der Auto­bahn gilt noch immer das Rechts­fahrge­bot. Wenn sich auf dem linken (oder bei dreis­puri­gen Auto­bah­nen auf dem linken und/oder mit­tleren) Fahrstreifen eine Kolonne gebildet hat, dür­fen die Verkehrsteil­nehmenden auf der recht­en Spur neu mit der nöti­gen Vor­sicht vor­beifahren, auch wenn sich rechts noch keine Kolonne gebildet hat. Das Recht­süber­holen (Auss­chwenken auf den recht­en Fahrstreifen und Wiedere­in­schwenken nach links) ist hinge­gen weit­er­hin verboten.

Reissverschluss-Verkehr

Kennst du fol­gende Sit­u­a­tion? Baustelle auf der Auto­bahn, der linke Fahrstreifen wird in 500 Meter ges­per­rt und bere­its jet­zt kommt es zu unzäh­li­gen, teil­weise schon fast gefährlichen Spur­wech­seln, so dass möglichst jed­er so früh wie nur möglich auf der recht­en Spur im Stau ste­ht. Wer jet­zt noch auf der linken Spur an der Kolonne vor­bei fährt, wird kri­tisch beäugt, mit Lichthupe eingedeckt und mit wüsten Handze­ichen beschimpft. Eine Lück­en­benützung kurz vor der Schließung des eige­nen Fahrstreifens wird ihm dann kaum und nur sehr ungerne gewährt.

Nun wirst du wohl sehr über­rascht sein, aber dieser Fahrzeu­glenker hat richtig gehan­delt. Alle anderen, die bere­its mehrere hun­dert Meter vor der Spurver­min­derung den Streifen wech­seln, verur­sachen nur unnötig Stau.

Daher gilt: bleib so lange wie möglich auf deinem Fahrstreifen, so dass die Fahrzeugkolon­nen auf bei­den Fahrstreifen möglichst kurz gehal­ten wer­den. Befind­est du dich dann unmit­tel­bar vor der Fahrstreifen­ver­min­derung gilt der soge­nan­nte Reissver­schlussverkehr. Natür­lich kann es auch so zum Stau kom­men, jedoch ist die „Stauzeit“ dann um einiges kürz­er und für bei­de Spuren gerecht verteilt.

Neue Regelung ab 2021 — Reissverschluss neu obligatorisch!

Reissverschlussverkehr Autobahn - Reissverschlussverkehr - Fahrschule Forster

Reissver­schluss bei Auto­bah­ne­in­fahrten und Fahrstreifen­ab­bau: Neu ist das Reissver­schlusssys­tem beim Abbau von Fahrstreifen oblig­a­torisch. Das gilt über­all dort, wo Fahrstreifen enden: Zum Beispiel beim Wech­sel von drei auf zwei Fahrstreifen, bei Unfällen oder Baustellen. Dabei fährt man auf bei­den Spuren bis zum Abbau der Fahrstreifen. Dort lässt jed­er Verkehrsteil­nehmende auf der weit­er­führen­den Spur einen Verkehrsteil­nehmenden vom abge­baut­en Fahrstreifen nach dem Reissver­schlussprinzip vor sich ein­fädeln. Die Auto­mo­bilis­ten müssen die Fahrzeuge von der abge­baut­en Spur ein­schwenken lassen. Damit soll ver­hin­dert wer­den, dass bei Fahrstreifen­ab­baut­en zu früh auf den verbleiben­den Streifen gewech­selt wird, wie es heute oft geschieht. So kann der Verkehr bess­er fliessen. Ein­schwenk­ende Fahrzeu­glenk­ende dür­fen die Lücke aber nicht erzwin­gen, sie bleiben vor­tritts­be­lastet.
Neu gilt das Reissver­schlusssys­tem bei stock­en­dem Verkehr auch bei Auto­bah­ne­in­fahrten. Das Nicht­beacht­en des Reissver­schlussprinzips wird mit ein­er Ord­nungs­busse geahndet.

Abstände

Die wohl häu­fig­ste Unfal­lur­sache ist ein zu geringer Abstand zum vorderen Fahrzeug. Immer häu­figer sind in Zeitun­gen Nachricht­en zu lesen wie „Massenkaram­bo­lage auf der Auto­bahn“. Schuld daran sind dann natür­lich schlechte Wet­ter- und Sichtver­hält­nisse wie nasse oder mit Schnee bedeck­te Strassen oder plöt­zliche Sichtein­schränkun­gen durch Nebel.

Art. 12, Abs. 1 VRV: Der Fahrzeugführer hat beim Hin­tere­inan­der­fahren einen aus­re­ichen­den Abstand zu wahren, so dass er auch bei über­raschen­dem Brem­sen des voran­fahren­den Fahrzeugs rechtzeit­ig hal­ten kann.

In der Fahrschule lernt jed­er Fahrschüler 2 ver­schiedene Abstandsregeln:

» Hal­ber Tacho: bei ein­er Geschwindigkeit von 120 km/h wäre also ein Abstand von ca. 60 Metern aus­re­ichend.
» 2‑Sekun­den-Regel: Fährt das voran­fahrende Fahrzeug an irgen­deinem Merkpunkt (z.B. Sig­nal) vor­bei, müssen min­destens 2 Sekun­den verge­hen, bis das nach­fol­gende Fahrzeug am gle­ichen Merkpunkt vorbeifährt.

Bei­de Abstand­sregeln gel­ten natür­lich nur bei opti­malen Sicht‑, Strassen- und Verkehrsver­hält­nis­sen. Bei nicht opti­malen Bedin­gun­gen ist der Abstand automa­tisch zu vergrössern.

Halte dir bitte immer fol­gende Weisheit vor Augen, wenn du dem vorderen Fahrzeug zu nahe auf­schließt: „Wenn’s chlöpft, goht’s länger!“

Rettungsgasse

Autobahn Rettungsgasse - Fahrschule Forster

Seit dem Jan­u­ar 2021 ist das Bilden ein­er Ret­tungs­gasse in der Schweiz geset­zlich ver­ankert.
Neu muss auf Auto­bah­nen eine Ret­tungs­gasse für Ein­satz­fahrzeuge freige­hal­ten wer­den, bere­its wenn sich der Verkehr nur noch mit Schrittgeschwindigkeit bewegt. Das gilt auch, wenn kein Blaulicht­fahrzeug zu sehen oder zu hören ist. Bei zweis­puri­gen Strassen ist die Ret­tungs­gasse zwis­chen den bei­den Spuren zu bilden, bei dreis­puri­gen Strassen immer zwis­chen dem äusser­sten linken und dem mit­tleren Fahrstreifen. Das Nicht­beacht­en der Ret­tungs­gasse wird mit ein­er Ord­nungs­busse geahndet.

Fahrschule Forster by BLINK
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